Sedimentablagerungen
Das Wattenmeer ist neben den Hochalpen die letzte weitgehend
naturbelassene Großlandschaft in Mitteleuropa. Diese einmalige Küstenregion ist die größte zusammenhängende Wattenlandschaft der Erde. Das Wattenmeer besteht aus den Ablagerungen, die Meeresströmungen und Flussläufe in die Gegend gespült haben. Diese bestehen vor allem aus Sand, Schluff und organischen Ablager ungen, die durch Meeresströmunge n und die Gezeiten beständig verlagert und umgepflügt werden.

Hydrologie
In der Nordsee läuft eine beständige Strömung aus Richtung des Ärmelkanals von Südwesten nach Nordosten, die sich auch innerhalb des Wattenmeers fortsetzt. Sie trägt Sedimente aus der Kanalmündung und von der holländischen Küste weiter nach Nordosten. Ebenso sorgt sie dafür, dass das Flusswasser, das durch den Rhein und die Ästuare des Wattenmeers fließt, im ganzen Wattenmeer zu finden ist.
Der Menschliche Einfluss
Seitdem der Mensch vor etwa 1000 Jahren begann, die Küste durch umfangreiche Besiedlungsmaßnahmen zu verändern, und insbesondere seitdem er zum Deichbau überging, veränderte er die Landschaft dramatisch. An die Stelle des amphibisch geprägten Übergangs zwischen dauerhaft unter Wasser stehenden Gebieten über permanent und teilweise den Gezeiten unterliegenden Regionen zu Flussniederungen und Marschen entstand ein klarer Übergang vom Land (hinter dem Deich) zum Wattenmeer (davor). Viele Flächen des Übergangs gingen dadurch verloren. Durch Fischerei und Jagd rottete der Mensch alle größeren Raubtiere des Watts aus.
Katastrophen
Bis zum Mittelalter lebten die Menschen vor allem auf natürlichen Erhöhungen am Watt. Dementsprechend niedrig war die Bevölkerungszahl. Erst mit der Entwicklung größerer Küstenschutzprojekte begannen Menschen in größeren Mengen sesshaft zu werden. Sie bauten künstliche Erhöhungen. Nun wurden auch Deiche gebaut. 1362 brach ein Deich und dabei wurden mehrere 100km² überschwemmt dabei waren wahrscheinlich nicht nur natürliche Faktoren wie Stürme oder ein starker Anstieg des Meeresspiegels verantwortlich, sondern beispielsweise auch der Schwarze Tod der die Bevölkerung nachhaltig schwächte und die aufwändige Deicherhaltung vermutlich stark einschränkte.

Landgewinnung
Während das Wattenmeer vor dem Deich noch eine weitgehend unveränderte Großlandschaft ist, beginnt mit dem Deich eine umfassend vom Menschen beeinflusste Zone. Waren Brackwatten, große Salzwiesen, Moore und Sümpfe einst integraler Teil des Wattenmeers, sind die Moore größtenteils abgetragen und entwässert, die Salzwiesen entsalzt, das ganze Land unterliegt einer dauernden Entwässerung und wird vor allem zu einer hochindustrialisierten landwirtschaftlichen Produktion genutzt.
Nähr-und Schadstoffe
Direkt in das Wattenmeer fließen IJsselmeer, Ems, Weser, Elbe und Eider sowie zahlreiche kleinere Flüsse und küstennahe Entwässerungsgräben. Bedingt durch die Küstenströmungen gelangt auch ein Großteil des Wassers aus dem Rhein in das Watt. Abwässer und Verunreinigungen, die diese Flüsse mit sich führen, üben daher einen großen Einfluss auf das Wattenmeer aus. Während Abwässer und Fäkalien schon lange in den Flüssen landeten, begann dies an der Nordsee erst Mitte des 20. Jahrhunderts zu einem großen Problem zu werden. Die industrialisierte Landwirtschaft sorgte ab den 1950er Jahren für einen massiv gestiegenen Einfluss von Dünger in das Watt und damit für eine außerordentliche Nährstoffanreicherung. Der Stickstoffanteil im Watt liegt heute etwa beim achtfachen Wert des Vorindustrialisierungsstandes.
Tiere (Insekten)
Insekten kommen im Nationalpark fast nur auf den Salzwiesen vor, die allerdings einer hochspezialisierten Artengemeinschaft als Lebensraum dienen. Etwa die Hälfte aller 2.000 Arten, die in den Salzwiesen des Nationalparks bekannt sind, kommen ausschließlich in natürlichen oder naturnahen Salzwiesen vor. Davon gehören etwa 1.600 Arten zur Makrofauna mit einer Körperlänge von mehr als einem Millimeter, weitere 400 bisher entdeckte Arten zur Mikrofauna.
Im Gegensatz zu landständigeren Bewohnern müssen Insekten im Wattenmeer mit den Problemen des Salzwassers klar kommen. Sie müssen ihre Nahrungsaufnahme so regeln, dass sie nicht verdursten, sich selbst und ihren Körper vor Wasser schützen, eine Strategie gegen möglichen Sauerstoffmangel unter Wasser entwickeln und auch noch das Verdriften aus der Salzwiese heraus verhindern. Die oft stürmischen Wetterlagen hindern Insekten darüber hinaus auch noch oft am Fliegen, so dass auch eigentlich flugfähige Insekten einen großen Teil der Zeit am oder im Boden verbringen müssen.
Eine weit verbreitete Strategie aller Insekten ist es, im Rhythmus der Gezeiten zu leben, so dass sich viele Arten bei einsetzender Flut in Schutzbauten zurückziehen und erst bei einsetzender Ebbe diese wieder verlassen. Darüber hinaus existieren aber auch weitere Spezialisierungen.

Tiere(Vögel)
Ebenso wie zahlreiche Küstenvögel im geschützten Watt brüten, ist das nährstoffreiche Gebiet regelmäßiger Rastplatz von Zugvögeln auf Atlantikrouten. Im sublitoralen Bereich kommen neun Vogelarten in Mengen vor, die von internationaler Bedeutung sind. Ungefähr zehn bis zwölf Millionen Vögel ziehen durch das Wattenmeer, darunter sind Exemplare zahlreicher gefährdeter Arten. Für ungefähr 50 Arten der nördlichen Hemisphäre bildet das Wattenmeer dabei einen unverzichtbaren Raum. Von ungefähr 20 Großpopulationen verbringt mehr als die Hälfte der Einzeltiere zumindest einen Teil ihres Lebens im Wattenmeer, ungefähr zehn Arten kommen zeitweise fast nur im Wattenmeer vor.

Tiere(Säugetiere)
Nachdem große Wale seit der frühen Neuzeit ganz aus dem Wattenmeer verschwanden und Kegelrobben sich nach mehreren hundert Jahren der Vertreibung wieder etablieren konnten, kommen im Wattenmeer drei Säugetierarten vor. Der Seehund, das häufigste Säugetier, mit einem Verbreitungsschwerpunkt im Norden des Wattenmeers, die
Kegelrobbe, die vor allem im Süden zu finden ist, und der Schweinswal, den es in der gesamten Nordsee gibt, der sich aber oft und insbesondere zur Geburt in die See/Watt-Übergangszone im nördlichen Wattenmeer zurückzieht. Dabei nahm sowohl die Zahl der Kegelrobben als auch der Seehunde in den letzten Jahrzehnten zu, die Seehunde konnten nach zwei Epidemien der Seehundstaupe jeweils innerhalb weniger Jahre ihren Bestand regenerieren.Die Kegelrobbe war aufgrund der Jagdtätigkeit des Menschen im Wattenmeer bereits ganz ausgestorben. Erst seit den 1980ern tritt sie wieder an der niederländischen Küste auf. Der Bestand ist robust, nimmt im Schnitt um 20 Prozent im Jahr zu und lag 2005 bei 1.500 Tieren. Sie beginnt sich zudem von der niederländischen Küste aus weiter nach Osten und Norden auszudehnen. So sind im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer mittlerweile etwa 160 Tiere, im niedersächsischen Wattenmeer etwa 40 und vor Helgoland, selbst nicht Teil des Wattenmeers, aber wichtiger Bezugspunkt für fast alle Meeressäuger des Wattenmeers, etwa 150 Tiere.

Fischerei
Fischfang ist eine der stärksten Belastungen für das Ökosystem Wattenmeer. Insbesondere die industrielle Gammelfischerei und die Stellnetzfischerei sind so konzipiert, dass sie relativ wahllos alles einfangen, was in die Reichweite des Netzes kommt und bilden so eine Gefahr für das gesamte Ökosystem. Zu einem Großteil ist diese Art der Fischerei deshalb im Wattenmeer selbst verboten, stellt aber noch eine Gefahr für alle marinen Lebewesen dar, sobald sie die offizielle Grenze des Wattenmeers überschreiten. Die im Watt übliche traditionelle Schleppnetzfischerei weist, wenn auch in kleinerem Maßstab, ähnliche Probleme auf. Von den etwa 20 Arten, die Anfang des 20. Jahrhunderts noch kommerziell befischt wurden, können nur noch zwei, Nordseegarnelen und Miesmuscheln, in größerer Zahl, sowie Herzmuschel, Scholle, Seezunge und Flundern in kleinerem Ausmaß befischt werden. Die anderen Arten konnten mit ihrem Bestand nicht der Überfischung standhalten.
Im Laufe der Geschichte schädigte die Fischerei nicht nur die Lebewesen, die direkt von ihr betroffen waren, sondern auch das Ökosystem an sich. Die durch Überfischung zwischen 1877 und 1920 im Wattenmeer ausgestorbene Europäische Auster bildete durch ihre Muschelbänke einen vergleichsweise massiven Schutzwall gegenüber dem Meer, den die nachrückende Miesmuschel so nicht aufbauen kann. Der Röhrenwurm bildete bis zu einem Meter hohe stabile Riffe aus Sand, die die Sedimentablagerung förderten und die Gewalt des Meeres etwas einschränkten. Diese wurden jedoch in den 1950ern von den Fischern bis auf wenige Relikte zerstört, da sie den Garnelenfang mit dem Schleppnetz behinderten.
Schifffahrt
Das Wattenmeer ist ein äußerst anspruchsvolles Seegebiet. Es ist flach, weist starke Strömungen auf, erfordert Achtung für die Gezeiten, und ständig ändert sich die Lage von Sandbänken und Fahrrinnen. Es liegt in der Westwindzone, die durch schnell wechselnde Wetterlagen, zahlreiche Sturmlagen und oftmals eingeschränkte Sichtweiten gekennzeichnet ist. Während das innere Wattenmeer im Vergleich zur offenen Nordsee noch sturmgeschützt ist, haben insbesondere die Außengebiete der friesischen Inseln und die Zufahrtswege ins Wattenmeer eine jahrhundertealte Reputation als Schiffsfriedhof. Mittlerweile stellen die von den Strömungen bewegten Schiffswracks selbst eine ernsthafte Gefahr für den Schiffsverkehr.

Tourismus
Die Küstenlandschaft stellt mit ihrer Flachheit, Konturenlosigkeit und oberflächlichen Kargheit eine Herausforderung für die menschlichen Sinne dar. Bis in das 19. Jahrhundert hinein galt sie als ausgesprochen lebensfeindlich, erst im Zuge der Romantik setzte eine Umdeutung ein, von der auch frühe Seebäder profitierten. Die Konturenlosigkeit galt nun als besonderer Reiz der Weite, die Probleme menschlicher Besiedlung wurden als besondere Naturnähe umgedeutet. So gibt es auch heute noch große Landstriche und Zonen auf dem Wasser, in dem Wasser- und Tiergeräusche die einzigen zu vernehmenden Laute sind. Ungewöhnlich für Mitteleuropa bietet das Wattenmeer noch die Erfahrung echter Dunkelheit.
Naturschutz
Aufgrund der Einzigartigkeit des Wattenmeeres und einer seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewachsenen Aufmerksamkeit für die Bedrohung des Systems durch menschliche Nutzungen wie Tourismus, Fischerei und Schifffahrt unterliegt das Wattenmeer einer Reihe internationaler Schutzabkommen, die durch diverse nationale Naturschutzmaßnahmen ergänzt werden.
Als erster Schritt hierzu wurde 1978 von Dänemark, Deutschland und den Niederlanden das Wattenmeersekretariat(CWSS) gegründet. Die trilaterale Zusammenarbeit mündete 1982 in der Gemeinsamen Erklärung zum Schutz des Wattenmeers.Die UNESCO hat die deutschen und niederländischen Teile des Wattenmeers 1991 als Biosphärenreservat anerkannt und sie somit unter internationalen Schutz gestellt. Über den gemeinsamen Antrag der Niederlande, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, nicht jedoch Hamburgs und Dänemarks, das Wattenmeer als Weltnaturerbe schützen zu lassen, hat die UNESCO am 26. Juni 2009 positiv entschieden. Das Wattenmeer fällt des Weiteren unter Anlage V des MARPOL, so dass jegliche Schadstoffeinleitung vom Schiff aus verboten ist.
Von Felix